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Tag 85 (04.07.2024)

Das erste, was ich dachte, als ich die aktualisierte Karte sah, war: „Und damit schließt sich der Kreis.“ Ich kann es kaum glauben, dass unsere Reise so schnell zu Ende geht. Heute stand uns die längste Einzelstrecke unserer Reise bevor, fast genau 550 km. Dazu kamen noch 10 km Umweg, da Dine in eine Straßensperrung gefahren ist und in einer Sackgasse ohne Wendemöglichkeit für LKWs landete. Das war wirklich ein kleiner Schockmoment. 🤦

Nach etwa 7 Stunden und 30 Minuten Fahrtzeit kamen wir dann endlich auf dem Campingplatz an. Wir waren ziemlich erschöpft und haben deshalb nur das Nötigste aufgebaut, nämlich die Markise.

Ein kleiner Lichtblick des Tages: Wir konnten in Belgien endlich wieder günstig tanken. Für unter 1,70 Euro pro Liter haben wir den Tank gefüllt, was wirklich ein Glücksfall war und uns etwas den Tag versüßt hat.

Nach dem Ankommen ging es noch einmal kurz gemeinsam zum wirklich tollen Spielplatz auf dem Campingplatz. Sammy hatte sichtlich Spaß, und es tat gut, sich nach der langen Fahrt ein wenig die Beine zu vertreten. Anschließend hieß es für uns alle ausruhen und Kräfte sammeln für die kommenden Tage.

Ab jetzt wird es wirklich intensiv mit den Besuchen in Städten und dem Arbeiten. Wir sind schon ein wenig wehmütig, da wir in einer Woche schon wieder zuhause sein werden. 😯

Tag 86 (05.07.2024)

Nach der langen Fahrt gestern, war heute unser erster richtiger Tag auf dem neuen Campingplatz. Chris hatte einen intensiven Arbeitstag vor sich. Er versuchte, so viel wie möglich für die nächste Woche vorzubereiten. Da wir in der kommenden Woche zwei Campingplätze anfahren, nach Hause fahren und noch eine Stadt besuchen wollen, war es wichtig, dass er gut vorarbeitet.

Während Chris sich seiner Arbeit widmete, machten Sammy und Dine den Campingplatz unsicher. Zuerst erkundeten sie die verschiedenen Bereiche des Platzes und nahmen alles genau unter die Lupe. Danach ging es auf Einkaufstour. Gemeinsam besorgten sie alles, was wir für die nächsten Tage brauchen würden.

Am Nachmittag machten sich Sammy und Dine auf den Weg zum Spielplatz. Der Spielplatz auf dem Campingplatz war wirklich toll und bot viele Möglichkeiten zum Spielen und Entdecken. Sammy hatte eine Menge Spaß und lernte auch einige andere Kinder kennen.

Am Abend freuten wir uns darauf, das EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien zu schauen. Leider verlief das Spiel nicht zu unseren Gunsten. Nach einer spannenden Verlängerung verloren wir mit 2:1. Die Enttäuschung war groß, aber wir ließen uns die Stimmung nicht verderben und genossen trotzdem den Abend zusammen.

Tag 87 (06.07.2024) - Antwerpen

Unser Tagebucheintrag beginnt eigentlich schon am Abend davor. Während wir gemütlich zusammensaßen und nebenbei die EURO 2024 verfolgten, informierten wir uns noch einmal genauer über die LEZ (Low Emission Zone) in Antwerpen. Anfangs dachten wir, es ginge nur um die Einhaltung einer bestimmten Euro-Norm (Abgaswert). Doch schnell stellte sich heraus, dass man sich vorher registrieren muss. Es gibt zwar einen großen Anbieter für die Registrierung in Belgien, aber für die drei betroffenen Städte muss man sich jeweils separat anmelden. So registrierten wir uns für Antwerpen und Brüssel und mussten dafür Kopien des Fahrzeugscheins einreichen. Die Bearbeitungszeit für Antwerpen beträgt bis zu zehn Werktage. Das bedeutet, dass wir jetzt auf eigenes Risiko hineinfahren müssen. Falls es einen Fehler bei der Beantragung gibt, müssen wir nachträglich eine Geldstrafe von 350 Euro zahlen. Und in Deutschland beschwert man sich über die Plaketten – im Ausland muss man sich in vielen Städten einzeln registrieren und oft noch Geld für diese Registrierung oder Tagespässe bezahlen.

Unser Tag begann ansonsten ganz normal mit Ausschlafen, einem gemütlichen Frühstück und der kurzen Fahrt nach Antwerpen. Dort angekommen starteten wir in direkter Nähe zum Rathaus.

Das Stadhuis Antwerpen, ein prächtiges Renaissancegebäude, erhebt sich majestätisch am Grote Markt. Vor dem Rathaus steht der beeindruckende Brabofontein, der die Legende von Silvius Brabo erzählt, der angeblich die Hand eines Riesen abgehackt und in die Schelde geworfen hat. Diese Szene ist in einer dramatischen Bronzeskulptur verewigt.

Von dort aus gingen wir direkt weiter zur “Onze-Lieve-Vrouwekathedraal”. Diese beeindruckende Kathedrale, ein Meisterwerk der gotischen Architektur, dominiert die Skyline von Antwerpen. Leider entschieden wir uns gegen einen Besuch im Inneren, da der Eintrittspreis für uns drei knapp über 30 Euro betrug.

Vor der Kathedrale entdeckten wir die Nello & Patrasche Skulptur. Diese Skulptur weckte bei Sammy großes Interesse, und wir erzählten ihr die traurige Geschichte des Waisenjungen Nello und seines treuen Hundes Patrasche, die in Armut lebten und am Ende in den Armen der Kathedrale starben.

Unser Spaziergang führte uns weiter durch die malerische Altstadt, vorbei an charmanten Geschäften, weiteren historischen Kirchen und beeindruckenden Skulpturen, bis wir schließlich das Opernhaus und den schönen alten Hauptbahnhof erreichten.

Besonders faszinierend war die Handelsbörse Antwerpen.

Diese historische Börse, die als die älteste der Welt gilt, beherbergt noch immer die kleinen Bureaus, in denen früher die Geschäfte abgewickelt wurden. Man konnte sich richtig das geschäftige Treiben der Vergangenheit vorstellen, als Händler aus aller Welt hier ihre Waren tauschten und handelten.

Langsam machte sich der Hunger bemerkbar und wir beschlossen, typische lokale Gerichte zu probieren. Wir hatten uns vorgenommen, noch die berühmten belgischen Waffeln zu essen, also entschieden wir uns für verschiedene Pommes-Kombinationen mit Stoofvlees und Parmesan + Basilikummayonnaise.

Anschließend gingen wir in ein nettes Bistro, wo es dann endlich die heißersehnten Waffeln mit flüssiger Schokolade und Eis gab.

Gestärkt setzten wir unseren Spaziergang fort, schlenderten nochmal ans Wasser und kehrten in ein kleines Café ein, um einen guten Café Latte zu genießen. Da man in der Altstadt nicht viel vom Hafen sehen konnte, fuhren wir mit dem Auto durch die riesige Hafenanlage. Antwerpen hat immerhin den zweitgrößten Hafen Europas und einen der größten der Welt.

Die Fahrt durch den Hafen war beeindruckend. Wir passierten unzählige Kräne, riesige Tanks und Containerberge, die das Ausmaß dieses bedeutenden Hafens verdeutlichten. Trotz des imposanten Anblicks schliefen die beiden Frauen ein, bevor wir das Ende der Anlage erreicht hatten. Der ganze Spaß kostete übrigens 6 Euro, da irgendeine Straße Maut verlangte, was in Belgien unüblich ist.

Zuhause angekommen gab es nur ein kleines Abendbrot. Wir waren alle noch von Mittag und Dessert gesättigt. Ein weiterer schöner Tag in Antwerpen neigte sich dem Ende zu, und wir freuten uns auf die nächsten und letzten Abenteuer unserer Reise durch Europa.

Fazit

Antwerpen hat uns auf ganzer Linie positiv überrascht. Ursprünglich sind wir mit einer eher skeptischen Erwartungshaltung an diesen bekannten Industriestandort herangegangen, doch unsere Erfahrungen vor Ort haben dieses Bild schnell revidiert. Die Stadt hat ihren riesigen Hafen so geschickt von ihrem Kern abgegrenzt, dass man in den charmanten Straßen und historischen Vierteln kaum etwas von der industriellen Seite mitbekommt.

Trotzdem ist der Hafen allgegenwärtig in seiner Bedeutung für Antwerpen. Er hat eine solide Grundlage für den Wohlstand der Stadt geschaffen, was sich in der beeindruckenden Architektur, den gepflegten öffentlichen Plätzen und dem allgemeinen Stadtbild widerspiegelt. Besonders beeindruckend fanden wir, wie sauber Antwerpen im Vergleich zu vielen anderen Städten, die wir auf unserer Reise gesehen haben, ist. Dies trägt erheblich zur angenehmen Atmosphäre bei und lädt dazu ein, die Stadt ausgiebig zu erkunden und zu genießen. Insgesamt hat Antwerpen uns durch seine gelungene Kombination aus Industrie und Kultur sowie seiner ordentlichen und freundlichen Erscheinung sehr begeistert.

Tag 88 (07.07.2024) - Brüssel

Wie bei jedem Stadt-Besuch-Tag konnten wir bis 8 Uhr ausschlafen und haben in Ruhe gefrühstückt. Danach machten wir uns auf den Weg nach Brüssel, das etwa 50 Minuten entfernt liegt. Bevor wir jedoch in die Innenstadt fuhren, legten wir einen kurzen Zwischenstopp am Expo-Gelände von 1958 ein, um das berühmte Atomium zu besichtigen. Schon von Weitem beeindruckte es uns mit seiner futuristischen Struktur. Chris fand es sogar wesentlich beeindruckender als den Eiffelturm, der ja ebenfalls für eine Weltausstellung erbaut wurde, obwohl dieser viel höher ist.

Sammy stieß noch im Auto ein lautes “Wooow” aus, als sie das Atomium erblickte. Das Atomium ist ein ikonisches Bauwerk, das aus neun miteinander verbundenen Kugeln besteht, die ein Eisenkristall vergrößert darstellen.

Je näher wir kamen, desto imposanter wirkte es, bis wir schließlich direkt darunter standen und von der schieren Größe überwältigt waren. Wir verbrachten einige Zeit damit, das Bauwerk von allen Seiten zu betrachten und Fotos zu machen, bevor wir uns zurück zum Auto begaben und unsere Fahrt in die Innenstadt fortsetzten.

Unsere Tour durch Brüssel starteten wir mit einer eher ungewöhnlichen Skulptur: “Jeanneke Pis”. Diese und die bekanntere “Manneken Pis” haben erstaunlich viele positive Bewertungen, aber letztlich sind es nur puppengroße Figuren, die im Sitzen bzw. Stehen urinieren. Nach diesem kurzen Besuch ging es weiter zu den “Galeries Royales Saint Hubert”.

Die “Galeries Royales Saint Hubert” sind prächtige, überdachte Einkaufsgalerien, die im 19. Jahrhundert erbaut wurden. Hier gibt es eine Vielzahl an exklusiven Geschäften, Cafés und Boutiquen, die Luxusartikel verkaufen. Wir schlenderten durch die eleganten Passagen und bewunderten die aufwendige Architektur und die gläsernen Dächer, die das Tageslicht hereinließen und eine besondere Atmosphäre schufen.

Unser nächster Halt war die “Cathédrale Saints-Michel-et-Gudule, Bruxelles”. Diese beeindruckende gotische Kathedrale stammt aus dem 13. Jahrhundert und beeindruckt mit ihren zwei markanten Türmen und dem prächtigen Innenraum. Als wir ankamen, fand gerade eine Messe statt, und Sammy war von der feierlichen Musik auf der Orgel sehr angetan. Wir setzten uns für eine Weile hin und ließen die beeindruckenden Klänge auf uns wirken.

Weiter ging es zur “Colonne du Congrès”. Diese Säule wurde im 19. Jahrhundert zur Erinnerung an den Nationalkongress und die Verfassung von 1830 errichtet. Auf ihrer Spitze thront eine Statue von König Leopold I. und sie ist von Löwenstatuen umgeben. Der angrenzende Platz bot uns einen weiten Blick über Brüssel, was uns sehr gefiel. Hier verweilten wir eine Weile und genossen die Aussicht sowie die geschichtsträchtige Atmosphäre.

Danach spazierten wir zum “Parc de Bruxelles” und dem davor liegenden “Palais de Bruxelles”. Der Palast ist der offizielle Palast des belgischen Königs, und obwohl er heutzutage hauptsächlich repräsentativen Zwecken dient, beeindruckt seine prächtige Fassade. Der “Parc de Bruxelles” ist ein weitläufiger, gepflegter Park, ideal zum Entspannen und Spazierengehen.

Als wir die “Église Notre-Dame des Victoires au Sablon” erreichten, merkte man Sammy langsam an, dass ihr Interesse an Kirchen nachließ. Daher entschieden wir uns, weiterzuziehen und machten uns auf die Suche nach einem Restaurant für ein typisch belgisches Mittagessen.

Wir fanden ein nettes Lokal, das ein Dreierlei anbot: “Boulet À La Liégeoise”, “Vol Au Vent” und “Carbonnade À La Flamande”. Boulet À La Liégeoise sind Fleischbällchen in einer süß-sauren Sauce mit Rosinen, Vol Au Vent ist ein Blätterteiggebäck gefüllt mit Huhn, Champignons und einer cremigen Sauce, und Carbonnade À La Flamande ist ein langsam geschmortes Rindergulasch in dunklem Bier. Das Essen war köstlich und sättigte uns für den Rest des Tages.

Gestärkt machten wir uns auf den Weg zum “Hôtel de Ville de Bruxelles” und dem “Grand-Place”. Das Rathaus ist ein Meisterwerk der gotischen Architektur mit einem beeindruckenden, detailreichen Turm und vielen Statuen. Leider wurde gerade eine große Bühne abgebaut, sodass wir die volle Schönheit des Platzes nur erahnen konnten. Dennoch war klar, dass es sich um eines der schönsten Rathäuser unserer Reise handelt.

Zum Abschluss gönnten wir uns eine belgische Waffel, die diesmal viel besser schmeckte als die vom Vortag. Nach vier Stunden intensiven Sightseeings wurden unsere Beine schwer, und wir entschieden uns, das Auto zu nehmen und ins Regierungsviertel zu fahren.

Nach einer kurzen Fahrt von zehn Minuten fanden wir einen kostenlosen Parkplatz und besuchten das “Parlamentarium”. Dieses Besucherzentrum des Europäischen Parlaments bietet eine interaktive Ausstellung zur Geschichte der EU. Die selbstgeführte Audio-Tour war auch für Sammy interessant, da sie eine kindgerechte Tonspur bekam. Leider konnten wir den Plenarsaal nicht besichtigen, da dies nur unter der Woche möglich ist.

Gegen 17 Uhr machten wir uns auf den Heimweg. Zurück auf dem Campingplatz, verzichteten wir auf das Abendbrot, da wir noch satt vom Mittagessen und der Waffel waren. Stattdessen bauten wir nur noch die Markise ab und bereiteten alles für die Abfahrt am nächsten Tag vor. So ging ein weiterer ereignisreicher Tag unserer Europareise zu Ende.

Fazit

Brüssel war eine faszinierende Stadt mit vielen Facetten, aber unsere Erwartungen wurden in einer unerwarteten Weise überrascht. In der Innenstadt, wo wir zu Beginn angekommen sind, reihten sich die Lokale nur so aneinander, dass man hätte denken können, man sei in einer ganz anderen Stadt. Es wirkte fast wie eine Szene aus einem Junggesellenabschied in Amsterdam, anstatt eines politischen Zentrums auf europäischer Ebene. Die lebendige und fast schon festliche Atmosphäre ließ uns manchmal vergessen, dass wir uns in der Hauptstadt Belgiens und nicht in einer bekannten Hansestadt befanden.

Dieser Eindruck änderte sich jedoch schlagartig, sobald wir ein paar Meter weiter in Richtung der EU-Gebäude gingen. Dort fanden wir einen starken Kontrast zur charmanten Altstadt. Die modernen und imposanten Bauten des Regierungsviertels erinnerten uns daran, dass Brüssel das Herz der Europäischen Union ist. Diese Mischung aus historischem Charme und moderner Architektur war beeindruckend, aber auch etwas verwirrend.

Insgesamt haben wir unseren Besuch in Brüssel genossen, aber wir müssen sagen, dass uns Antwerpen letztlich mehr zugesagt hat. Die Atmosphäre und das Stadtbild in Antwerpen sprachen uns einfach mehr an. Trotzdem war es interessant, Brüssel mit seinen vielen Gesichtern kennenzulernen.